Gone going

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Jordan, 2015

western sahara, morocco, africa, camles, sahara, cab

Saharataxi

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Als ich kürzlich in der Westsahara recherchiert habe, sah ich zum ersten Mal in meinem Leben wilde Kamele. Sie überquerten die schmale, holprige Straße, die sich schnurgerade durch die Sahara zog. Manchmal fuhren wir darauf wie auf einem schmalen Deich. Denn links von uns brandete der weite menschenleere Atlantik an und rechts von uns das weite Meer der Sahara.

Eine Hexe bei Jesus

Via Dolorosa, Jerusalem, 2014

Drama Ramallah

Ramallah, 2014

camera of Molhem Barakat, freelance photographer with reuters news agency in syria, blood stained

Molhem Barakat

camera of Molhem Barakat, freelance photographer with reuters news agency in syria, blood stained

Molhem Baraka war erst 17 Jahre alt und schon freiberuflicher Fotograf für Reuters in Syrien. Er starb vergangenen Freitag in Aleppo. Das sind seine Kameras.

Das Bild lässt mich nicht los.

Mein Kollege Benjamin Hiller hat auf meiner Facebook-Seite noch ein paar wichtige Fragen zur Rolle von Reuters aufgeworfen:

Jemanden von vor Ort, welcher allem Anschein nach weder Schutzweste noch Helm bekommen hat, und dazu noch Minderjährig ist, als „Stringer/Bilderlieferanten“ anzuheuern – und dabei zur gleichen Zeit sehr erfahrene Journalisten nicht mehr in diese Gebiete aus Sicherheitsgründe schickt bzw. sogar deren Fotos nicht mehr erwirbt. Hier liegt schon eine gewissen „Doppelzüngigkeit“ der Pressestandards vor

Weiterlesen: More Questions For Reuters About The Death Of Molhem Barakat, Teenage War Photographer

Klimaflüchtlinge

In den Ländern des Nordens gibt es einen Schlag Menschen, der immerzu vom Süden schwärmt, von dem Licht, der Offenheit und den Menschen, von weißen Zähnen, schwarzen Haaren, scharfem Essen. Diese Menschen lieben es, niemals frieren zu müssen.

Die gleichen Menschen richten zu Hause kaum ein offenes Wort an jemanden und erwidern nur das Lächeln der geschäftigen und der betörenden Menschen. Diese Menschen lieben den Schweiß, diesen ewigen Begleiter im Süden. Sie sehen in ihm ein Zeichen ihrer Lebendigkeit, und nur so kennen sie die Wärme: als Hitze, die sie übermannt. Etwas anderes könnten sie nicht zulassen, heranlassen, und darin liegt ihre Tragödie; dass sie die offenkundige Wärme des Südens mit einer Zuneigung verwechseln, die schon lange nicht mehr ihn ihnen selbst wohnt.

Gäbe es einmal einen langen Winter im Süden, glänzten die Zähne immer noch weiß, wäre das dichte Haar immer noch schwarz, und die Klimaflüchtlinge aus dem Norden würden zwischen Schneeflocken schwitzen und sie würden merken, dass ihr Schweiß kalt war, von Anfang an.

Fouad der Schweißer – Zaatari Flüchtlingslager – III

September 2013

Zaatari – Flüchtlingslager – II

Kinder im Zaatari Flüchtlingslager für Syrer, Nord-Jordanien, September 2013

Selbstzerstörung im Autopilot – 5 Zeichen, dass die US-Macht gerade implodiert

Viel Tinte wurde schon verbraucht, um den vermeintlichen Abstieg der USA zu beschreiben. Viele Analysen stützten sich dabei auf das Unvermeidliche: den Aufstieg Chinas, Indiens, Brasiliens. Die USA verlierten ihre Macht relativ zu anderen Ländern, nicht absolut. Im Moment ändert sich das. Die Vereinigten Staaten büßen an substantieller Kraft ein. Das ist nicht unvermeidlich, das ist ein hausgemachtes Problem. „Selbstzerstörung im Autopilot – 5 Zeichen, dass die US-Macht gerade implodiert“ weiterlesen

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Zaatari – Flüchtlingslager – I

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Zaatari Flüchtlingslager, Jordan, September 2013

Orthodox Jews watch IDF soldiers during their oath ceremony on Western Wall Plaza, Jerusalem, in March 2013

Wieder in Jerusalem

Orthodox Jews watch IDF soldiers during their oath ceremony on Western Wall Plaza, Jerusalem, in March 2013

Wenn die Bärte länger, die Hüte eigenartiger, die Gewehre größer und die Kuppeln goldener werden, wenn die Gassen enger, die Straßenbahnen voller, die Mitbewohner französischer und die Steine weißer werden, wenn Hügel sanfter rollen, Taxifahrer lauter schimpfen und die Sonne klarer scheint, dann weißt du, dass du wieder in Jerusalem bist. Hallo!

Merkel und Obamas Syrien-Pläne – als hätte es den Kosovo-Krieg nicht gegeben

Deutschland stützt den Syrien-Kurs von Barack Obama nicht. Angela Merkel hat das entsprechende Positionspapier als einzige europäische Staatschefin nicht unterzeichnet. Spiegel Online schreibt (ohne Autorenkennzeichnung):

„Offenbar hatte Merkel erwartet, dass auch andere Europäer nicht unterschreiben würden. Sie will zunächst eine gemeinsame Haltung der Europäischen Union finden, so heißt es aus der Bundesregierung.“

Merkel wusste nicht, wie Deutschlands Bündnispartner zu Syrien stehen, obwohl es in den letzten Tagen kein anderes Thema gab und klar war, dass Syrien beim G-20-Gipfel eine Rolle spielen wird. Wenn das stimmt, dann – egal, was inhatlich beschlossen wurde – ist das schlechtes Handwerk. Ein Anfängerfehler im 8. Jahr der Kanzlerschaft.

Viel wahrscheinlicher aber ist, dass Merkel das Papier aus wahlkampftaktischen Gründen nicht unterschrieben hat – und der Verweis auf die Europäische Union nur eine Finte ist, um davon abzulenken. Sie wird nicht vergessen haben, wie die Deutschen sie kritisierten, als sie den Irak-Krieg der USA unterstützte.

Auf Zeit Online tobt Politik-Chef Bernd Ulrich. Er sieht in der Syrien-Entscheidung den „Tiefpunkt von Merkels Kanzlerschaft“:

Ein begrenzter militärischer Einsatz, an dem man nicht mal teilnehmen muss, ausgeführt durch einen alles andere als kriegslüsternen Präsidenten, gerichtet gegen ein evidentes Verbrechen – einfacher kann man es nicht haben, einen Bündnispartner zu unterstützen. Dass Angela Merkel sich trotzdem verweigert, weil sie im Wahlkampf ist, markiert den bisherigen Tiefpunkt ihrer Kanzlerschaft. Glaubt sie eigentlich, dass Deutschland nie mehr Freunde brauchen wird?

Der erste Kommentar unter dem Artikel übrigens:

Ich finde, die Kanzlerin hat das einzig Richtige getan, egal, wie sich Opportunisten entscheiden. Meinen Respekt hat sie dafür.

Diese Diskussionen erinnern stark an 1998 als Deutschland mit sich gerungen hat, ob es sich am Krieg gegen Serbien beteiligt, um die ethnischen Säuberungen im Kosovo zu stoppen. Nur, dass wir jetzt 2013 haben.

NACHTRAG, 7.9.2013, 17 Uhr.

Deutschland will die Syrien-Erklärung nun doch unterschreiben. Das hat Guido Westerwelle erklärt – und dabei nocheinmal bekräftigt, dass Deutschland eine gemeinsame Haltung der EU abwarten wollte. Die EU-Regierungen forderten die USA auf nicht anzugreifen, ehe die UN ihren Bericht abgeliefert haben.

Die Erklärung hat Augen Geradeaus.

Bildquelle: Flickr

lkw der bundeswehr im frühjahr 2013 in kahramanmaras, türkei, teil des patriot-kontingentes der nato

Warum Deutschland bei einem Angriff auf Assads Syrien dabei sein wird

lkw der bundeswehr im frühjahr 2013 in kahramanmaras, türkei, teil des patriot-kontingentes der nato

Die USA verstärken ihren Druck auf Syrien, gerade hat ihr Außenminister John Kerry gesagt, dass die USA Beweise für einen Giftgasangriff hätten. Die Militär-Planer feilen wohl schon an der Einsatz-Strategie. Und Deutschland wird dabei sein.

Der LKW oben im Bild ist gewissermaßen der Grund. Denn er ist Teil des deutschen Patriot-Abwehrraketen-Kontingentes in Kahramanmaras, in der Süd-Türkei. Ich hatte die deutschen Truppen dort im April besucht und mir die strategischen Hintergründe des Einsatzes angeschaut: Er dient vor allem der Beruhigung der Türkei, die Assad schon lange stürzen will. Die Bundesregierung betonte allerdings immer wieder, dass der Einsatz rein defensiv sei. Aber schon damals war klar:

Entscheidend dürfte jedoch nicht sein, was die Deutschen sagen, sondern wie das Regime den Nato-Einsatz auffasst. Assads Flugzeuge flögen seit der Stationierung der Patriot-Batterien „in regelmäßigen Abständen“ auf die Grenze zu, berichtet Marcus Ellermann [Der Kommandant – R.G.]. Abfangjäger stiegen auf und erst kurz vor türkischem Gebiet würden die Syrier dann wieder abdrehen. „Sie testen unsere Alarmreaktion“, sagt Ellermann dazu. Das ist eine militärisch korrekte Beschreibung durch den Kommandanten. Das politische Signal ist allerdings ein anderes: Assad zeigt damit in regelmäßigen Abständen den Nato-Truppen den Mittelfinger.

Sollte Assads Regime angegriffen werden, unter Nato-Kommando oder durch einen losen Koalitions-Verbund von USA, Großbritannien, Türkei, vielleicht Frankreich, dann wird Baschar al-Assad keine Unterscheidung machen zwischen den direkten Angreifern und ihren Verbündeten – und vor allem nicht zwischen türkischen Soldaten auf türkischem Boden und deutschen Soldaten auf türkischem Boden.

Der einzige Ausweg wäre der Abzug der deutschen Patriot-Truppen, aber das kann sich Deutschland nach seiner sachlich wohl begründeten, aber bündnispolitisch katastrophalen Enthaltung in der Libyen-Frage nicht mehr leisten. Deswegen gibt es für Angela Merkel kein „Syrien-Dilemma“ wie Hans Monath im Tagesspiegel schreibt.

Deutschland wird dabei sein, weil es längst dabei ist.

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Die Freunde der Kurden

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Kurden sagen: „Die Berge sind unsere einzigen Freunde „

Amedi, Irak, April 2013

Screenshot Quentin Tarantions "Django Unchained" USA Germany Essay Slavery Holocaust

Schuld und Sühne, Sklaverei und Holocaust

Screenshot Quentin Tarantions "Django Unchained" USA Germany Essay Slavery Holocaust

Susan Neiman, Direktorin des Einstein-Forums in Potsdam, hat für das Aeon Magazine einen sehr interessanten Essay über Sklaverei in den USA und Vergangenheitsbewältigung in Deutschland geschrieben.

History and guilt

Can America face up to the terrible reality of slavery in the way that Germany has faced up to the Holocaust?

Ausgehend von Django Unchained, dem Anti-Sklaverei-Western von Quentin Tarantino (Affiliate Link), fragt sie sich, ob die USA in der Lage wären die gleiche Form der Vergangenheitsbewältigung durchzuführen wie wir Deutschen. Tarantino hatte bei der Deutschland-Premiere des Films selbst Sklaverei und Holocaust gleichgesetzt. Neiman schreibt:

Germans have been wrestling with the question of history and guilt for more than 60 years now. Their example makes clear just how many moral questions a serious contemplation of guilt must raise for America. These include what constitutes guilt, what constitutes responsibility, and how these are connected. A common slogan of second-generation Germans has been: ‘Collective guilt, no! Collective responsibility, yes!’ But the question of what responsibility entails has been politically fraught. Does taking responsibility for a violent history demand an eternal commitment to pacifism? Or to supporting the government of Israel whatever it does, as some argue? Or rather to supporting the Palestinian people whatever they do, as others have claimed?

Das sind starke Fragen für uns Deutsche, gerade für uns jungen der 3. Generation (ich bin 26 Jahre alt). Neiman zieht Vergleiche zu den USA, die diese Fragen nicht gestellt haben, obwohl es noch gar nicht so lange her ist, dass Schwarze in amerikanischen Bussen hinten sitzen mussten.

Ich glaube aber, dass der Fokus auf die USA noch zu kurz greift. Die Fragen müssen sich viele stellen: US-Amerikaner, Franzosen, Australier, Israelis, Türken, Iraker, Kurden, Chinesen. Denn – ohne dabei die spezifischen Bedingungen der verschiedenen Ereignisse in Frage stellen zu wollen – komme ich auf kein Land, das nicht an irgendeinem Punkt seiner Geschichte die Rechte anderer Völker mit Füßen getreten hat. (Falls euch eines einfällt, lasst es mich wissen.) Den anderen Menschen Leid zuzufügen scheint eine Konstante von Völkern, Nationen, Ländern zu sein.

Wenn man versucht, das zu begreifen, zu verstehen, dass es keine „gute Nation“ geben kann, „kein Licht der Heiden“, kein „God’s own country“, dass Nationen immer gleichzeitig gut und schlecht sind – dann wird es zu einer Lehrstunde in Demut, die man weder vergessen kann noch ignorieren. Deswegen ist Aufarbeitung so wichtig.

Foto: Szene aus „Django Unchained“: Leonardo di Caprio als ruchloser Sklavenhalter

Gunter Voelker, owner of "Deutscher Hof" Erbil, Irak

Gunter, deutscher Koch im Irak

Gunter Voelker, owner of "Deutscher Hof" Erbil, Irak

In dem großartigen Hamburg-Epos „Soul Kitchen“ gibt es eine Szene, in der ein Koch kündigt, in dem er mit seinem Messer einen Zettel an die Restaurant-Tür nagelt. Auf dem Zettel steht: „Der Reisende ist noch nicht am Ende, er hat das Ziel noch nicht erreicht.“

Dieser Koch könnte Gunter sein. Er betreibt ein deutsches Restaurant im Irak, genauer: in Erbil, der Hauptstadt der autonomen Region Kurdistan. Als ich nach mehr als einem halben Jahr im Nahen Osten bei ihm ein Bier bestellte, war das ein bisschen als würde ich zurückkehren in die Welt, in der ich aufgewachsen bin. Seine Speisekarten waren schwarz, ein buntes, vertrautes Logo darauf. Die Brauerei, die sie geliefert hatte, habe ich oft gesehen, wenn ich als Junge mit meinen Eltern einen Fahrradausflug gemacht habe. Das Essen, das er anbietet, kannte ich von meiner Oma.

Gunter kommt aus Tabarz, einem Örtchen in Thüringen, dem gleichen Bundesland, aus dem ich auch stamme. Dass er mal Thüringer Klöse im Irak kocht, war alles andere als klar als er im Herbst 1989 einmal „spazieren“ ging, also demonstrieren war. Zur Rache berief ihn die DDR-Regierung in die Nationale Volksarmee ein, ein paar Wochen später fiel die Mauer und Gunter fand sich in einer Armee wieder, die gerade noch den Klassenfeind im Westen bekämpfen sollte, aber nun dabei war, die Vereinigung mit der Bundeswehr zu vollziehen. Gunter blieb. Er machte das, was er gelernt hatte. Er kochte. Auf dem Balkan, dann in Kabul – dort schließlich eröffnete er seinen ersten Deutschen Hof. Es lief gut bis es zuviele Anschläge gab. Gunter schloss ab und flog nach Hause. 30.000 investierte Euro waren weg. Neuer Versuch in Erbil, Irak. Bald auch auf Sri Lanka.

Als ich mit Gunter sprach, merkte ich, dass er nicht wieder in Deutschland leben kann. Draußen in der Welt, da kann er wer sein. In Deutschland wäre er nur ein ehemaliger Bundeswehr-Koch. Als ich ihn nach Deutschland frage, fragt er zurück: „Was will ich denn da?“

Hesam Misaghi, ein iranischer Dissident in Berlin

iran hesam misaghi blogger bahai dissident
Für Zeit Online habe ich ihn porträtiert.

thomas w. bundeswehr active fence syrien türkei patriot 2013 april

Thomas W.

thomas w. bundeswehr active fence syrien türkei patriot 2013 april

Das ist Thomas W.  Er ist einer von 300 Bundeswehr-Soldaten, die zu der Nato-Mission „Active Fence“ in der Südtürkei gehören.  Dort sollen sie die Zivilbevölkerung gegen Raketenangriffe aus Syrien schützen, ihr eigentlicher Gegner ist aber ein anderer: die Langeweile.

Lest meine Reportage über die deutschen Truppen in der Türkei hier.

Shoeshine Boy in Dohuk Iraq

Get rhythm – Schuhputzer im Irak

A Little shoeshine boy never gets low down
But he’s got the dirtiest job in town
Bendin‘ low at the peoples‘ feet
On the windy corner of the dirty street

Well, I asked him while he shined my shoes
How’d he keep from gettin‘ the blues

He grinned as he raised his little head
Popped a shoeshine rag and then he said
Get rhythm when you get the blues

Shoeshine Boy in Dohuk Iraq
– text by johnny cash –

Portrait of a Kurdish Peshmerga who fought 2003 in Operation "Enduring Freedom"

Wie ich einen Peschmerga in einem irakischen Taxi traf

Portrait of a Kurdish Peshmerga who fought 2003 in Operation "Enduring Freedom"

Halmat traf ich an einer staubigen Taxihaltestelle in Koia. 2003 kämpfte er während der Operation „Enduring Freedom“ an der Seite der Amerikaner in Kirkuk. Heute ist er der Bodyguard des Vize-Premierminister Kosrat Rasul, einem viel gerühmten Guerillakrieger, der der „kurdische Che Guevara“ genannt wird. Halmat ist ein Peschmerga, Mitglied der legendären kurdischen Guerilla-Armee.

Er sprach nur Kurdisch und Arabisch, ein bisschen Farsi; ich nichts davon. Er zeigte mir seinen Dienstausweis, auf dem stand alles in feinstem Englisch – Spuren der amerikanischen Besatzung. Daher weiß ich das alles.


Route nach Sulaymaniyah, Irak auf einer größeren Karte anzeigen

Halmat und ich teilten uns ein Taxi nach Sulaymaniah im Osten Kurdistan. Nachdem wir in der Stadt angekommen waren, suchte ich dort mein Hotel. Halmat wollte helfen, verstand aber nicht, wohin ich wollte. Da reichte er mir wortlos ein Telefon. Am anderen Ende sagte jemand auf Deutsch: „Hallo? Alles klar?“, im Hintergrund klingelte eine Ladenkasse. Die Stimme dirigierte uns schließlich zum Hotel. Es war Halmats Bruder, der in Aachen ein Geschäft hat. Der Bruder sagte schließlich: „Du, ich muss los. Der Laden ist voll, du weißt ja, wie die Samstage in Deutschland sind.“ Oh ja, das weiß ich.

Jetzt weiß ich aber auch, wie die Samstage in Kurdistan sind.

Azuz und der Fisch

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Azuz lachte einfach los als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte und im Rauch der kleinen, dunklen Hostellobby stand. Er warf den Namen irgendeines Schauspielers in den Raum, dem ich wohl ähnlich sehen soll, und da lachte auch die Polin neben ihm. Ich musste mitlachen. Ging nicht anders. Azuz ist so ein Mensch, den man auf Anhieb mag. Er hüpfte los zum Tresen der Rezeption.

Als er sah, wie ich „Germany“ auf den Zettel für die Ankunft schrieb, fragte er ganz non-chalant: „Wie geht es?“, und plauderte weiter. Er redete von Berlin und „Munscha“, meinte damit München. Er redete gut Deutsch. Nein, nein, in Deutschland war er nie gewesen. Das hat er sich selbst beigebracht. Als später ein Peruaner in die Lobby kam, sprach er Spanisch. Dann Italienisch, Englisch sowieso die ganze Zeit. Er telefonierte auf Arabisch. Ich wartete darauf, dass er gleich ein paar Witze auf Suaheli reißt. Witze, die er sich selbst ausgedacht hat.

Stattdessen erzählte er seine Geschichte: Vor 7 Monaten war er nach Amman, Jordanien, geflüchtet. 5 Jordanische Dinar, ungefähr 6 Euro, hatte er da in er Tasche. Er kommt aus Dar’a in Syrien, dem Ort, in dem der Aufstand gegen Baschar Assad mit ein paar Graffitis begann. Bei den ersten Demos war Azuz dabei. Das war ein großartiges Gefühl, sagt er. Wir waren stark, wir hatten keine Angst. Für die Kinder war es ein großes Abenteuer. Aber von Monat zu Monat wurde es schlimmer.

In Amman fragte er bei den Supermärkten und kleinen Läden nach Arbeit, fand welche und schließlich auch den Job mit dem Fisch bei einem Umweltschutzprojekt. Er kann dort forschen. Das mag er, so sehr, dass er ein Vorstellungsgespräch bei dem Flüchtlingshilfswerk der UN einfach verstreichen ließ.

Und das ist vielleicht ein gutes Zeichen. Denn zu Hause in Dar’a hatte Azuz Tiermedizin studiert. Das alte Leben von Zuhause geht noch weiter für ihn, wenigstens ein bisschen.

Lesetipps

Vor dem Sturm


Tower of David, November 2012

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Was Barack Obama von diesen Jungs lernen kann

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Das sind Itamar und Muthana. Itamar ist ein jüdischer Junge und Muthana Sohn von Beduinen. Sie sind beste Freunde und besuchen die gleiche Schule in Be’er Sheva, dem Tor zur Negev-Wüste. Dass sie die gleiche Schule besuchen, ist wirklich besonders, denn das Schulsystem in Israel ist sehr zerfasert. Juden und Araber haben jeweils eigene Schulen. Freunde wie Itamar und Muthana sind die Ausnahme.

Ich schreibe über ihre Schule für ein Kindermagazin und während ich formulierte, fiel mir etwas auf. Diesen Konflikt kindgerecht zu erklären, ist eigentlich gar nicht so schwer: „Zwei Völker, ein Land“ analog zu „Zwei Kinder, ein Spielzeug“. Selbst die Lösung ist ziemlich klar: „Teilt das Land, teilt das Spielzeug.“

Aber den Kindern zu erklären, warum noch niemand diesen Konflikt beenden konnte, wenn doch Gründe und Lösungen recht einfach sind, wäre sehr schwer. Nicht nur für mich, sondern die besten Wissenschaftler, denke ich. Liegt das daran, dass beide Seiten nicht miteinander reden? Weil es zuwenig Gelegenheiten gibt, zu denen sie sich treffen und austauschen können? Weil sie überhaupt gar nicht wollen?

Hier geht es um den „Prozess“, den Weg zwischen Grund des Konflikts und dessen Lösung.

Jeder, der das Patt aufbrechen will, muss einem Kind erklären können, wie er das schaffen will. Gelingt das bei Kindern nicht, gelingt es gar nicht.

Seine Initiative wird scheitern.

Said Jaqin, ein palästinensischer Siedler

Das Protestdorf Bab al-Karama war Teil eines größeren Trendes im Westjordanland: die Palästinenser wollen nun ihrerseits Fakten schaffen so wie es die jüdischen Siedler auf den Hügeln um sie herum tun. Getragen werden diese Proteste von Menschen wie Said Yaqin. Er ist Mitglied des lokalen „Popular Struggle Commitees“, dezentralen Organisationen, die friedlich gegen die Besatzung kämpfen wollen und damit auch Erfolg haben. Hier habe ich diese Bewegung beschrieben.

v.l.n.r.

Israel, die Mauer, das Westjordanland und Gaza (von links nach rechts)

– diese Woche in Ramallah aufgenommen –

Israeli Soldier looks into camera at oath ceremony at Western Wall Jerusalem, February 2013

Rührt euch!

Israeli Soldier looks into camera at oath ceremony at Western Wall Jerusalem, February 2013

Ein israelischer Soldat schaut sich um während er an der Klagemauer von Jerusalem vereidigt wird. Zugegeben: Das Ganze war etwas langweilig für die Soldaten, sie standen dort lange. Nur die angereisten Verwandten hatten ihren Spaß. Sie machten ein Foto nach dem anderen – genauso wie ich.

Der palästinensische Dichterprinz

In Deutschland casten wir drittklassige Models in unseren TV-Shows, in der arabischen Welt casten sie Dichter. Hier dichtet Tamim Barghouti 2007 über Jerusalem. Die Zuschauer jubeln, klatschen, johlen. Die Palästinenser werden danach Plakate von Barghouti auf den Straßen aufhängen – und man muss seine Worte gar nicht verstehen, um zu hören, dass er ein Wortmeister ist.

Purim

Es sieht aus wie Fasching in den christlichen Ländern und es fühlt sich an wie Fasching, ist es aber nicht: das jüdische Purim-Fest (wer da wohl von wem kopiert hat, ist nicht komplett bekannt). Zu Purim feiern jüdische Israelis die Rettung der Juden in Persien, wie sie in der Bibel beschrieben wird. Der Talmud sagt explizit dazu: „Jeder muss so viel Wein trinken, bis er nicht mehr unterscheiden kann zwischen ‚Verflucht sei Haman‘ [dem bösen Perser] und ‚Gelobt sei Mordechai‘ [einem jüdischen Held in dieser Geschichte]“ Im Ergebnis laufen heute ziemlich viele betrunkene Bienen, Super Marios, Weinachtsmänner und Zombies durch die Straßen, in den liberalen, säkularen Stadtteilen wie in den ultraorthodoxen Nachbarschaften.

qalandia festival palestine bright screen viewers silhouettes media middle east shadow

Warum wir auf den Nahostkonflikt starren

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Über Israels Koalitionsverhandlungen lesen wir alles, über die Millionen Tote im Kongo gar nichts. Der Nahostkonflikt ist die Obsession des Westens. Ein Erklärungsversuch. „Warum wir auf den Nahostkonflikt starren“ weiterlesen

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Sonnenstrahl

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Im palästinensischen Protestdorf Bab Al-Karama, Beit Iksa, Januar 2013. Im Hintergrund bauen zwei Männer eine provisorische Moschee.

Arafat, Doppelgänger, Double, Fatah, Look-A-Like, Mohammed, PLO, Ramallah, Westjordanland-2

Jassir Arafats Doppelgänger

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Salem Smeirat ist ein einfacher Gemüsehändler aus Ramallah, dem der palästinensische Verkehrsminister einmal 10.000 Dollar geben wollte. Denn Smeirat hat ein besonderes Talent – augenscheinlich. „Jassir Arafats Doppelgänger“ weiterlesen

Verkündigungsbasilika Basilica of the Annunciation Nazareth Women Resting Pause Frau

Pause in Nazareth

Verkündigungsbasilika Basilica of the Annunciation Nazareth Women Resting Pause Frau

Eine Frau ruht sich in der Verkündigungsbasilika von Nazareth aus. Der Legende nach soll Gabriel hier der Jungfrau Maria erschienen sein. Religion kann so anstrengend sein.

– Oktober 2012 –

Bauhaus in Wadi Musa

Ich wollte Wadi Musa vom Dach unseres Hostels fotografieren während die Sonne untergeht – es war ein eher langweiliges Setting. Dann entdeckte ich diese Lampe und je länger ich sie betrachtete, schien sie mir völlig aus der Szenerie gefallen zu sein. Sie erinnerte mich in ihrer Klarheit an Bauhaus-Design. In diesem Bild wollte ich beides verschmelzen: dessen Kühle und die Hitze der Wüste.

IDF soldiers block the way for Palstinian Olive farmers near the village of Salem in the West Bank, October 2012 (1) (6)

Chicago

IDF soldiers block the way for Palstinian Olive farmers in the West Bank, October 2012 (4)

Auf der Oliventour war einer unter den Soldaten, der viel mir sofort auf, weil er aussah wie ein großer Junge mit Gewehr. Er wurde in Chicago geboren und ist eingewandert. Über seine Aufgabe im Westjordanland machte er sich keine Illusionen: „Ich beschütze die Siedler vor den Palästinensern und die Palästinenser vor den Siedlern.“

Hat Tip: Während ich herumschlich und Fotos machte und Distanz wahrte, hatte Vanessa einfach mal mit dem Soldaten geredet – und mir die Infos überlassen.  Danke!

Wie eine ‚Straßenschlacht‘ entstehen kann – nur im Kopf der Betrachter

Ein passender Epilog zum letzten Post: Der italienische Fotograf Ruben Salvadori zeigt, dass auch die schlimmste Straßenschlacht manchmal nur ein Schauspiel ist

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Von Olivenöl bis Kryptonit – ein halbe Stunde im Westjordanland

IDF soldiers block the way for Palstinian Olive farmers near the village of Salem in the West Bank, October 2012 (1) (1)

Auf einer Tour im Oktober wollte ich eigentlich nur sehen, welche Probleme Israel den palästinensischen Olivenbauern bereitet – stattdessen lernte ich eine andere Lektion über die Besatzung: Kameras sind das Kryptonit der Soldaten. „Von Olivenöl bis Kryptonit – ein halbe Stunde im Westjordanland“ weiterlesen

Eliaz Cohen – Dichter, Siedler, Linker

Ich hatte die Siedlung Kfar Etzion besucht, um einen Dichter für Zeit Online zu porträtieren, einen wirklich erstaunlichen Mann. Denn Eliaz Cohen ist so etwas wie ein linker Siedler, hört sich verrückt an, aber unsere europäischen Begriffe von rechts und links greifen in Israel nicht immer. Denn Cohen sagte, dass er das Westjordanland nicht verlassen werde, das sei biblisches Land. Er sagte aber auch: Israel wird heruntergewirtschaftet, sein sozialistisches Erbe verschleudert, die Textur der Gesellschaft sei zerrissen. Dieses Land brauche eine soziale Erneuerung, weniger Iran und Rassismus, mehr Wohnungsbau und Toleranz. Wir sprachen letzte Woche miteinander und Cohen konnte über die Wahlen nur bitterlich lachen. Diese Woche allerdings zog Yair Lapid völlig überraschend mit 19 Sitzen in die Knesset, das israelische Parlament, ein. Sein Kernthema: Stärkung der Mittelschicht, wenn auch der nicht-religiösen. Und vielleicht ist das die Botschaft dieser Wahlen: Pessismus ist in Israel Alltagsware; der Friedhof der Hoffnungen ist groß. Aber deswegen muss niemand fatalistisch sein.

beit iksa al khamana palestine israel protest west bank tent camp Bab al Karama bab Al shams

Das palästinensische Protestdorf Al-Karama

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Vor drei Tagen gründeten die Bewohner von Beit Iksa ein neues Dorf: Al-Karama. Mit diesem Zeltlager wollten sie gegen einen geplanten israelischen Mauerbau auf ihrem Land protestieren. Nach Bab-al-Shams war es das zweite palästinensische Zeltlager binnen weniger Wochen. Gestern Nacht wurde Al-Karama zerstört. Israelische Truppen brachten die Zelte weg und zertrümmerten das erste Steinhaus des Dorfes: die Moschee.    „Das palästinensische Protestdorf Al-Karama“ weiterlesen

Guten Morgen!

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Petra, Jordanien, 2012

Tours through Jordans Wadi Rum are not done by camel anymore but by Jeep. They times have changed since Lawrence of Arabia was here.

Japanisches Kamel

Tours through Jordans Wadi Rum are not done by camel anymore but by Jeep. They times have changed since Lawrence of Arabia was here.

Wadi Rum, Jordanien, 2012

Der Gärtner von Kfar Etzion

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Wie ich einen Siedler traf, der nur einen Wunsch hatte: einen Schlüsselanhänger aus Mannheim. „Der Gärtner von Kfar Etzion“ weiterlesen