camera of Molhem Barakat, freelance photographer with reuters news agency in syria, blood stained

Molhem Barakat

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Molhem Baraka war erst 17 Jahre alt und schon freiberuflicher Fotograf für Reuters in Syrien. Er starb vergangenen Freitag in Aleppo. Das sind seine Kameras.

Das Bild lässt mich nicht los.

Mein Kollege Benjamin Hiller hat auf meiner Facebook-Seite noch ein paar wichtige Fragen zur Rolle von Reuters aufgeworfen:

Jemanden von vor Ort, welcher allem Anschein nach weder Schutzweste noch Helm bekommen hat, und dazu noch Minderjährig ist, als „Stringer/Bilderlieferanten“ anzuheuern – und dabei zur gleichen Zeit sehr erfahrene Journalisten nicht mehr in diese Gebiete aus Sicherheitsgründe schickt bzw. sogar deren Fotos nicht mehr erwirbt. Hier liegt schon eine gewissen „Doppelzüngigkeit“ der Pressestandards vor

Weiterlesen: More Questions For Reuters About The Death Of Molhem Barakat, Teenage War Photographer

Fouad der Schweißer – Zaatari Flüchtlingslager – III

September 2013

Zaatari – Flüchtlingslager – II

Kinder im Zaatari Flüchtlingslager für Syrer, Nord-Jordanien, September 2013

Selbstzerstörung im Autopilot – 5 Zeichen, dass die US-Macht gerade implodiert

Viel Tinte wurde schon verbraucht, um den vermeintlichen Abstieg der USA zu beschreiben. Viele Analysen stützten sich dabei auf das Unvermeidliche: den Aufstieg Chinas, Indiens, Brasiliens. Die USA verlierten ihre Macht relativ zu anderen Ländern, nicht absolut. Im Moment ändert sich das. Die Vereinigten Staaten büßen an substantieller Kraft ein. Das ist nicht unvermeidlich, das ist ein hausgemachtes Problem. „Selbstzerstörung im Autopilot – 5 Zeichen, dass die US-Macht gerade implodiert“ weiterlesen

zaatari, kid, horizon, refugee camp, clouds,

Zaatari – Flüchtlingslager – I

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Zaatari Flüchtlingslager, Jordan, September 2013

Merkel und Obamas Syrien-Pläne – als hätte es den Kosovo-Krieg nicht gegeben

Deutschland stützt den Syrien-Kurs von Barack Obama nicht. Angela Merkel hat das entsprechende Positionspapier als einzige europäische Staatschefin nicht unterzeichnet. Spiegel Online schreibt (ohne Autorenkennzeichnung):

„Offenbar hatte Merkel erwartet, dass auch andere Europäer nicht unterschreiben würden. Sie will zunächst eine gemeinsame Haltung der Europäischen Union finden, so heißt es aus der Bundesregierung.“

Merkel wusste nicht, wie Deutschlands Bündnispartner zu Syrien stehen, obwohl es in den letzten Tagen kein anderes Thema gab und klar war, dass Syrien beim G-20-Gipfel eine Rolle spielen wird. Wenn das stimmt, dann – egal, was inhatlich beschlossen wurde – ist das schlechtes Handwerk. Ein Anfängerfehler im 8. Jahr der Kanzlerschaft.

Viel wahrscheinlicher aber ist, dass Merkel das Papier aus wahlkampftaktischen Gründen nicht unterschrieben hat – und der Verweis auf die Europäische Union nur eine Finte ist, um davon abzulenken. Sie wird nicht vergessen haben, wie die Deutschen sie kritisierten, als sie den Irak-Krieg der USA unterstützte.

Auf Zeit Online tobt Politik-Chef Bernd Ulrich. Er sieht in der Syrien-Entscheidung den „Tiefpunkt von Merkels Kanzlerschaft“:

Ein begrenzter militärischer Einsatz, an dem man nicht mal teilnehmen muss, ausgeführt durch einen alles andere als kriegslüsternen Präsidenten, gerichtet gegen ein evidentes Verbrechen – einfacher kann man es nicht haben, einen Bündnispartner zu unterstützen. Dass Angela Merkel sich trotzdem verweigert, weil sie im Wahlkampf ist, markiert den bisherigen Tiefpunkt ihrer Kanzlerschaft. Glaubt sie eigentlich, dass Deutschland nie mehr Freunde brauchen wird?

Der erste Kommentar unter dem Artikel übrigens:

Ich finde, die Kanzlerin hat das einzig Richtige getan, egal, wie sich Opportunisten entscheiden. Meinen Respekt hat sie dafür.

Diese Diskussionen erinnern stark an 1998 als Deutschland mit sich gerungen hat, ob es sich am Krieg gegen Serbien beteiligt, um die ethnischen Säuberungen im Kosovo zu stoppen. Nur, dass wir jetzt 2013 haben.

NACHTRAG, 7.9.2013, 17 Uhr.

Deutschland will die Syrien-Erklärung nun doch unterschreiben. Das hat Guido Westerwelle erklärt – und dabei nocheinmal bekräftigt, dass Deutschland eine gemeinsame Haltung der EU abwarten wollte. Die EU-Regierungen forderten die USA auf nicht anzugreifen, ehe die UN ihren Bericht abgeliefert haben.

Die Erklärung hat Augen Geradeaus.

Bildquelle: Flickr

lkw der bundeswehr im frühjahr 2013 in kahramanmaras, türkei, teil des patriot-kontingentes der nato

Warum Deutschland bei einem Angriff auf Assads Syrien dabei sein wird

lkw der bundeswehr im frühjahr 2013 in kahramanmaras, türkei, teil des patriot-kontingentes der nato

Die USA verstärken ihren Druck auf Syrien, gerade hat ihr Außenminister John Kerry gesagt, dass die USA Beweise für einen Giftgasangriff hätten. Die Militär-Planer feilen wohl schon an der Einsatz-Strategie. Und Deutschland wird dabei sein.

Der LKW oben im Bild ist gewissermaßen der Grund. Denn er ist Teil des deutschen Patriot-Abwehrraketen-Kontingentes in Kahramanmaras, in der Süd-Türkei. Ich hatte die deutschen Truppen dort im April besucht und mir die strategischen Hintergründe des Einsatzes angeschaut: Er dient vor allem der Beruhigung der Türkei, die Assad schon lange stürzen will. Die Bundesregierung betonte allerdings immer wieder, dass der Einsatz rein defensiv sei. Aber schon damals war klar:

Entscheidend dürfte jedoch nicht sein, was die Deutschen sagen, sondern wie das Regime den Nato-Einsatz auffasst. Assads Flugzeuge flögen seit der Stationierung der Patriot-Batterien „in regelmäßigen Abständen“ auf die Grenze zu, berichtet Marcus Ellermann [Der Kommandant – R.G.]. Abfangjäger stiegen auf und erst kurz vor türkischem Gebiet würden die Syrier dann wieder abdrehen. „Sie testen unsere Alarmreaktion“, sagt Ellermann dazu. Das ist eine militärisch korrekte Beschreibung durch den Kommandanten. Das politische Signal ist allerdings ein anderes: Assad zeigt damit in regelmäßigen Abständen den Nato-Truppen den Mittelfinger.

Sollte Assads Regime angegriffen werden, unter Nato-Kommando oder durch einen losen Koalitions-Verbund von USA, Großbritannien, Türkei, vielleicht Frankreich, dann wird Baschar al-Assad keine Unterscheidung machen zwischen den direkten Angreifern und ihren Verbündeten – und vor allem nicht zwischen türkischen Soldaten auf türkischem Boden und deutschen Soldaten auf türkischem Boden.

Der einzige Ausweg wäre der Abzug der deutschen Patriot-Truppen, aber das kann sich Deutschland nach seiner sachlich wohl begründeten, aber bündnispolitisch katastrophalen Enthaltung in der Libyen-Frage nicht mehr leisten. Deswegen gibt es für Angela Merkel kein „Syrien-Dilemma“ wie Hans Monath im Tagesspiegel schreibt.

Deutschland wird dabei sein, weil es längst dabei ist.

Azuz und der Fisch

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Azuz lachte einfach los als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte und im Rauch der kleinen, dunklen Hostellobby stand. Er warf den Namen irgendeines Schauspielers in den Raum, dem ich wohl ähnlich sehen soll, und da lachte auch die Polin neben ihm. Ich musste mitlachen. Ging nicht anders. Azuz ist so ein Mensch, den man auf Anhieb mag. Er hüpfte los zum Tresen der Rezeption.

Als er sah, wie ich „Germany“ auf den Zettel für die Ankunft schrieb, fragte er ganz non-chalant: „Wie geht es?“, und plauderte weiter. Er redete von Berlin und „Munscha“, meinte damit München. Er redete gut Deutsch. Nein, nein, in Deutschland war er nie gewesen. Das hat er sich selbst beigebracht. Als später ein Peruaner in die Lobby kam, sprach er Spanisch. Dann Italienisch, Englisch sowieso die ganze Zeit. Er telefonierte auf Arabisch. Ich wartete darauf, dass er gleich ein paar Witze auf Suaheli reißt. Witze, die er sich selbst ausgedacht hat.

Stattdessen erzählte er seine Geschichte: Vor 7 Monaten war er nach Amman, Jordanien, geflüchtet. 5 Jordanische Dinar, ungefähr 6 Euro, hatte er da in er Tasche. Er kommt aus Dar’a in Syrien, dem Ort, in dem der Aufstand gegen Baschar Assad mit ein paar Graffitis begann. Bei den ersten Demos war Azuz dabei. Das war ein großartiges Gefühl, sagt er. Wir waren stark, wir hatten keine Angst. Für die Kinder war es ein großes Abenteuer. Aber von Monat zu Monat wurde es schlimmer.

In Amman fragte er bei den Supermärkten und kleinen Läden nach Arbeit, fand welche und schließlich auch den Job mit dem Fisch bei einem Umweltschutzprojekt. Er kann dort forschen. Das mag er, so sehr, dass er ein Vorstellungsgespräch bei dem Flüchtlingshilfswerk der UN einfach verstreichen ließ.

Und das ist vielleicht ein gutes Zeichen. Denn zu Hause in Dar’a hatte Azuz Tiermedizin studiert. Das alte Leben von Zuhause geht noch weiter für ihn, wenigstens ein bisschen.

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