thomas w. bundeswehr active fence syrien türkei patriot 2013 april

Thomas W.

thomas w. bundeswehr active fence syrien türkei patriot 2013 april

Das ist Thomas W.  Er ist einer von 300 Bundeswehr-Soldaten, die zu der Nato-Mission „Active Fence“ in der Südtürkei gehören.  Dort sollen sie die Zivilbevölkerung gegen Raketenangriffe aus Syrien schützen, ihr eigentlicher Gegner ist aber ein anderer: die Langeweile.

Lest meine Reportage über die deutschen Truppen in der Türkei hier.

De Maizière und die Bundeswehr-Reform: „Werde eckig, Kreis!“

Verteidigungsminister Thomas de Maizière spricht im Bundestag über den von AWACS-Flugzeugen der Bundeswehr in Afghanistan. (Quelle: Bundeswehr/CC BY-ND 2.0)
Verteidigungsminister Thomas de Maizière spricht im Bundestag über den Einsatz von AWACS-Flugzeugen in Afghanistan. (Quelle: Bundeswehr/CC BY-ND 2.0)

Mit der Bundeswehrreform gibt Verteidigunsminister Thomas de Maizière den unmöglichsten Befehl seiner noch kurzen Amtszeit.

Die alten Männer in der Berliner Julius-Leber–Kaserne schauen skeptisch. Ganz so, als ob ihr Oberbefehlshaber, Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU), gerade einem Kreis befehlen würde, eckig zu werden.

Aber de Maizière kündigt nur in nüchternen Worten große Veränderungen an. Veränderungen, von denen viele profitieren sollen, das Land, der Kollege Finanzminister und die Soldaten – aber nicht unbedingt sie, die Herren Generäle und Ministerialdirektoren in ihren schicken grauen Uniformen. Denn de Maizière will die Bundeswehr nicht nur in eine Freiwilligenarmee umbauen, sie besser auf Auslandseinsätze vorbereiten und dabei sparen. Er will auch streichen: 1500 Stellen im Verteidigungsministerium, 35 000 Posten in der Bundeswehr und noch einmal 21 000 Arbeitsplätze in der zivilen Armee-Verwaltung. Er will an die Pfründe der alten Männer heran; 11 000 Euro im Monat verdient etwa so ein Herr General. Und der soll das bitteschön auch noch mittragen. „Wer das nicht kann, der hat keinen Platz“ sagt der Verteidigungsminister. „Kameradschaft auch in der Neuausrichtung, das ist die Haltung, die wir brauchen.“

Selbst für einen Polit-Haudegen wie de Maizière, der schon sächsicher Finanz-, Justiz- und Innenminister war, Kanzleramt und Bundesinnenministerium leitete, ist diese Anordnung außergewöhnlich, ist die Bundeswehrreform eine Mammut-Aufgabe. Schließlich sind die grauen Männer vor ihm ein konservatives Häuflein voller Starrsinn. Als sie sich das letzte Mal bewegt hatten, regierte Adenauer und die Sowjets drohten, vom Osten her die Republik zu überfallen. Das war 1955. Da gründete man die Bundeswehr und die Generäle und Ministerialdirektoren in der neuen Armee zogen einen Kreis um sich und sagten: „Hier kommt keiner mehr rein!“ Und de Maizière will ausgerechnet diesen Kreis jetzt mal schön eckig haben. Pfff.

Die Generäle sagten: „Hier kommt keiner mehr rein!“

Aber es sind nicht nur die alten Männer, die bei der Bundeswehrreform Probleme machen werden. Sondern auch die jungen. Bei ihnen werden de Maizières Befehle und plumpe Appelle an Kameradschaftsgeist und Patriotismus nicht helfen. 5 000 bis 15 000 Freiwillige müssen sich den Plänen des Verteidigungsministers zufolge Jahr für Jahr für den Armeedienst verpflichten lassen – und das bei einem Einstiegs-Sold von gut 777 Euro im Monat. Wer im Restaurant nebenan regelmäßig kellnern geht, kommt auf einen besseren Monatslohn. Wenn der Kellnerjob überhaupt sein muss. Schließlich wird die Bundeswehr nun in der in Armeekreisen viel zitierten „freien Wirtschaft“ mit Porsche, Bosch und McKinsey um Nachwuchs werben müssen. Die Jungen haben da schon eine stattliche Auswahl. Werden sie nun, deren Zahl schon auf natürlichem Wege immer geringer wird, ihren Hintern in talibanesisches Kalaschnikow-Feuer halten, wo sie auch schnelle Autos entwickeln oder nützliche Bohrmaschinen bauen könnten?

Eine Wahl hat übrigens auch der alternde Rest des Volks – zumindest alle vier Jahre. Und diesem Rest wird vor allem eines mißfallen: Dass die Zeiten der Geldbörsen-Außenpolitik vorbei sind. Das macht de Maizière in seiner Rede unmissverständlich klar. Wo die Bundesrepublik sich früher aus der Verantwortung herauskaufen konnte, soll heute gelten: Schießen statt Zahlen, mehr Afghanistan und nicht weniger.

„Wenn Wohlstand Verantwortung erfordert, dann gilt das auch für die deutsche Sicherheitspolitik“, sagt der Verteidigungsminister. Die deutsche Bevölkerung, die Uniform und Bundes-Trikolore seit 1945 mit Inbrunst ignoriert, wird das nicht vorbehaltlos mittragen. Schon jetzt sind 60 Prozent der Deutschen gegen den Afghanistan-Einsatz. Wenn es der Bundesregierung nicht gelingt, die Bevölkerung von dieser neuen Militär-Doktrin zu überzeugen, wird es eng beim nächsten Wahlgang. Denn für den derzeitigen Darling der deutschen Wählerschaft, die friedlichen, täubischen Grünen, wären echte Debatten über Kriegsfragen Beliebtheits-Doping.

Für die Grünen wären Kriegs-Debatten Beliebtheits-Doping

Und überhaupt. Deutschland steht ja nicht allein. Das ganze Sparen, Streichen und Schmeicheln wird de Maizière unter der kritischen Beobachtung der Bündnispartner in EU und Nato erledigen müssen. Viel außenpolitischen Kredit hatte Deutschland schon mit seiner Enthaltung in der Libyen-Frage verspielt. Weitere Alleingänge wird es sich nicht leisten können, will es sich mit seinem Anspruch auf einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat nicht vollends lächerlich machen. Da hat der grüne Falke Fischer völlig recht.

Also: Alte und junge Männer, Wahlvolk, Chefin und die lieben Bündnispartner muss de Maizère zufriedenstellen. Die Formulierung, die sich dafür aufdrängt, will man ja gar nicht schreiben, der Kalauer ist zu nah, aber sie trifft es. Die Bundeswehrreform ist schon jetzt: ein Himmelfahrtskommando.

Und da hat de Maizère noch gar nicht über Geld allgemein und Rüstungsprojekte (noch mehr Geld) und Armeestandorte (das meiste Geld) gesprochen.

Bayern-Patriot Seehofer hat jedenfalls schon Witterung aufgenommen: „Soldaten, Arbeitsplätze, Standorte. Die Fragen sind ungelöst.“

Guttenberg, Öffentlichkeit und unsere Demokratie – Links zum Wochenende

Die Lüge ist ministrabel geworden (SpOn)

Die ganze Diskussion um Guttenberg drehte sich um ihn als Person, sein Amt, die Rolle der BILD-Zeitung und die Glaubwürdigkeit der Universität Bayreuth. Allerdings geht die Sache noch viel tiefer, an die Wurzeln unseres demokratischen Selbstverständnisses. Denn da hat nicht nur ein Doktorand abgeschrieben, sondern ein Minister, auf dessen Homepage  „Politik braucht klare Werte“ steht, das Volk belogen. Dass Guttenberg dafür nicht zurücktreten muss, sei eine Zäsur in der politischen Kultur der Bundesrepublik, schreibt Stefan Kuzmany auf SpOn. „Wenn ein Politiker von Werten redet und von Verantwortung, dann handelt es sich dabei nur um eine Simulation. Begriffe wie Anstand und Ehrgefühl werden nur bemüht, weil sie das Publikum gerne hören will. Doch sie bedeuten nichts. Das ist nicht gut für die Demokratie.“

Zivil-militärischer Medienkrieg (GFP)

„Die Presse ist kein Hindernis, sondern Teil des Schlachtfeldes. Sie müssen sie benutzen, von innen heraus. Wie Sonne, Nebel oder Schnee sind auch die Medien eine Rahmenbedingung der Schlacht.“ Nein, das hat kein zentralasiatischer Despot gesagt, sondern der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Europa, Wesley Clark, anlässlich des Kosovo-Krieges. Das Zitat steht in der Einleitung zu einem neuen Reader Sicherheitspolitik der Bundeswehr. Formuliertes Ziel: „Der mediale Krieg sollte eine theoretische Unterfütterung erhalten.“ Wie die aussehen soll, wird auf den nächsten Seiten klar. Da schreibt etwa Niklas Schörning, Vorstandsmitglied der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung: „[Es ist] für die Regierung wichtig, eine Absicherungs- oder Hedging- Strategie gegen potenzielle eigene Opfer zu finden, da sich nur so die Opfersensibilitätsfalle umgehen lässt.“ ‚Opfersensibilitätsfalle‘ – lieber Leser, lass dir dieses Wort auf der Zunge zergehen. Was für ein Zynismus gegenüber den toten Soldaten und gegenüber dem Willen des Volks.

Retten die Blogger die Demokratie? (Nachdenkseiten)

Jens Berger von spiegelfechter.com, einer der führenden deutschen Politikblogs, bilanziert die politische Blogosphäre und kommt zu einem verhalten optimistischen Schluss. Die Polit-Blogger hierzulande sind Korrektiv zur Gatekeeper-Funktion der klassischen Medien“, sie können Protestbewegungen begleiten und bestenfalls verstärken. Um selbst Themen zu setzen, fehle es den deutschen Blogs aber an Reichweite und Professionalität.

18.Sachverständiger

Es ist ein Novum der deutschen Politik: Erstmals haben die Bürger die Möglichkeit sich direkt in den politischen Prozess des Bundestages einzubringen – ohne zuvor tausende Unterschriften für eine Petition zu sammeln. Auf enquetebeteiligung.de kann jeder mitreden und abstimmen. Noch geht es nur um Stellungnahmen zu den Arbeitsgruppen der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, noch sind die Parlamentarier und Sachverständigen der Kommission zu nichts verpflichtet. Sie können diese Stellungnahmen in ihre Arbeit einfliessen lassen, müssen es aber nicht. Beteiligen sich jedoch genügend Bürger an der Erarbeitung der Stellungnahmen und haben diese inhaltliche Substanz, steigt der Druck auf die politischen Organe, solche Formen der Partizipation öfter einzusetzen. Für unsere Demokratie wäre das ein Glücksfall.

Schönes Wochenende!