Ich bin Journalist. Und seit heute auch noch ein bisschen mehr.

Ankündigungsplakat für den ersten Krautreporter-Lesertreff am 13. November 2014 im Wilma, Berlin

Ich bin 28 Jahre alt, die längste Zeit davon Journalist.
Manche meiner Aufgaben sind inzwischen Routine geworden. Was gut ist, denn bei meinem Telefonpensum darf ich einfach nicht mehr wie früher jedes Mal einen 20-minütigen Disput mit mir selbst halten bevor ich zum Hörer greife, nur weil ich so aufgeregt bin. Was aber auch schlecht ist, denn Routine bedeutet Langeweile, Gewohnheit, das Ende der Wachheit. Heute Abend aber habe ich etwas ganz Einfaches gemacht: ich habe meine Leser getroffen. 20 von ihnen kamen in eine wunderbar gemütliche Stube im Wedding zu einem Lesertreff von Krautreporter. Ich erzählte von meinen Westsahara-Recherchen, interviewte Said, der in einem Flüchtlingslager geboren wurde live vor Ort, wir diskutierten über neue Themen und darüber, was Krautreporter sein kann und sein soll. Manche dort waren Jahrgang 58, und manche Jahrgang 93, aber alle hatten sie Bock, sie waren freundlich, offen, überlegt, witzig und konstruktiv. Sie brachten mich in moralische Dilemmata, rissen den Vorhang meines Denkens auf, sagten genau das, was ich noch eine Stunde früher in der U-Bahn gedacht hatte. Sie gaben mir Anlass, sehr stolz auf sie zu sein. Was eigenartig ist, weil ich ja nichts mit diesen fremden Menschen gemein hatte, außer ein paar Krautreporter-Geschichten. Dieser Abend war alles andere als Routine. Ich musste sehr wach sein, um dort nichts zu verpassen. Ich bin die längste Zeit Journalist und seit heute Abend auch noch etwas anderes. Und das ist ziemlich gut.