Purim

Es sieht aus wie Fasching in den christlichen Ländern und es fühlt sich an wie Fasching, ist es aber nicht: das jüdische Purim-Fest (wer da wohl von wem kopiert hat, ist nicht komplett bekannt). Zu Purim feiern jüdische Israelis die Rettung der Juden in Persien, wie sie in der Bibel beschrieben wird. Der Talmud sagt explizit dazu: „Jeder muss so viel Wein trinken, bis er nicht mehr unterscheiden kann zwischen ‚Verflucht sei Haman‘ [dem bösen Perser] und ‚Gelobt sei Mordechai‘ [einem jüdischen Held in dieser Geschichte]“ Im Ergebnis laufen heute ziemlich viele betrunkene Bienen, Super Marios, Weinachtsmänner und Zombies durch die Straßen, in den liberalen, säkularen Stadtteilen wie in den ultraorthodoxen Nachbarschaften.

Eliaz Cohen – Dichter, Siedler, Linker

Ich hatte die Siedlung Kfar Etzion besucht, um einen Dichter für Zeit Online zu porträtieren, einen wirklich erstaunlichen Mann. Denn Eliaz Cohen ist so etwas wie ein linker Siedler, hört sich verrückt an, aber unsere europäischen Begriffe von rechts und links greifen in Israel nicht immer. Denn Cohen sagte, dass er das Westjordanland nicht verlassen werde, das sei biblisches Land. Er sagte aber auch: Israel wird heruntergewirtschaftet, sein sozialistisches Erbe verschleudert, die Textur der Gesellschaft sei zerrissen. Dieses Land brauche eine soziale Erneuerung, weniger Iran und Rassismus, mehr Wohnungsbau und Toleranz. Wir sprachen letzte Woche miteinander und Cohen konnte über die Wahlen nur bitterlich lachen. Diese Woche allerdings zog Yair Lapid völlig überraschend mit 19 Sitzen in die Knesset, das israelische Parlament, ein. Sein Kernthema: Stärkung der Mittelschicht, wenn auch der nicht-religiösen. Und vielleicht ist das die Botschaft dieser Wahlen: Pessismus ist in Israel Alltagsware; der Friedhof der Hoffnungen ist groß. Aber deswegen muss niemand fatalistisch sein.