Gustav Mahler und Marteria

Als ich merkte, dass Mahler und Marteria mehr gemeinsam haben, als sagen wir mal Mahler und Brahms, wollte ich die Gardinen aufziehen, Licht ins Zimmer lassen und in die Welt schauen. Ich verstand sofort, warum ich diesen Wunsch spürte, denn diese sonderbare Paarung ergab sich während Marteria von Schlaftabletten rappte; ich verband das mit jener schwarzen Symphonie, die Mahler kurz vor seinem Tod komponierte, und war sehr glücklich über diese Entdeckung.

MAHLER

MARTERIA

Marteria – Veronal (Eine Tablette nur) (ft. Miss Platnum) from GermanDream on Vimeo.

SW# 126 – Was rettet die Welt

Jemand hat etwas an die Wand geschrieben, die Buchstaben hell und blau,
kein Regen, keine Sonne, kein Wind in weißen Segeln.
Da steht: Was rettet die Welt?

Die Gleichheit im Gleichschritt der Sozialisten,
Imperialisten marschieren,
marschieren, produzieren, ich lese:
Was rettet die Welt?

Auf einem kleinen, roten Blatt in der Pfütze, einem Zettel am Baum,
am Bahnhof auf der Tafel in brüchigen Farben, auch hier nur:
Was rettet die Welt?

Nicht das Reden, nicht das Schweigen, nicht das Hören, nicht das Sehen,
nicht Konfuzianismus, Narzissmus, Kommunismus,
-ismus, -ismus.

Da steht auf der Platakwand vom Regen erweicht, vom Wind zerrissen:
-ismus, -ismus.

Doch:
Was rettet die Welt?

Kein Toben, kein Beben, kein Licht, kein Wasser, ein Schatten,
im Schatten ein Mann, eine Frau.

Im Schatten ein Mann, eine Frau,
Was rettet uns?

Katrin Sass, „Was rettet die Welt“ aus CD „Königskinder“

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John Dyke, ein australischer Sänger in Berlin

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Das ist John Dyke. Er wuchs in Melbourne, Australien, auf und lebt nun als Sänger in Berlin. Das wäre gar nicht so besonders in dieser Künstlermetropole, wenn er nicht absolut fehlerfrei auf Deutsch singen und in einem Reihenhäuschen mitten in Berlin-Friedrichshain wohnen würde, mit Frau und Kindern und Gartendusche (siehe Foto).

Deutsch hat sich John Dyke mit alten Sprachkassetten aus den 70er-Jahren selbst beigebracht. Wer diese Videos sieht, muss sich wundern, dass er danach Deutschland überhaupt noch Ernst nehmen konnte. Als er vor 20 Jahren hierher kam, ging er in eine Bar. Er sagt: „Ich fand es einfach geil, dass man hier ein Bier bestellt und ein Strich auf dem Bierdeckel gemacht wird. Die Leute haben einem vertraut. In England etwa wäre das unvorstellbar.“

John Dyke war fasziniert von Deutschland, von der Band Kraftwerk. Er hat beim Schlagzeugmacher Sonor in der sauerländischen Provinz gearbeitet. Und das mit dem Deutsch und der Alltagskultur macht er so gut, dass er inzwischen eine Art Sonderbotschafter des Goethe-Instituts geworden ist. Da tritt er dann in New York oder in Usbekistan auf und singt solche Lieder:

vorort

ich bin sauer auf die stadt
mein leben hab ich satt
kann wieder schreiben oder lesen
was für ein geiles wesen

ich lebe in einem heim
mein gefühl ist: ganz allein
ich lebe in meinem vorort
und nichts passiert dort

nichts passiert dort
nichts passiert dort
nichts passiert dort

vorort vorort vorort
ich bin gefangen in meinem vorort
ich bin gefangen in meinem vorort
nichts passiert dort
ich bin gefangen in meinem vorort

omi ist gestorben
das hat alles verdorben
ich werd‘ alles erben
dann wird ich hier sterben

ich schau immer gloze
auf die schönheit könnte ich kotzen
mach die glotze aus
geh aus dem vorort raus
geh aus dem vorort raus

vorort vorort vorort
ich bin gefangen in mein vorort
ich bin gefangen in mein vorort
nichts passiert dort
ich bin gefangen in mein vorort baby

ich fühl mich nicht wohl
ich fühl mich ganz klein
muß mich ausdrucken
dann fühle ich mich fein

ich bin gefangen
ich bin gefangen

vorort……..
vorort……..
merhaba nachbar jetzt bin ich dort