Fouad der Schweißer – Zaatari Flüchtlingslager – III

September 2013

uwe behrens berlin mordkommissar tatort schauen

Tatort Berlin – dieser Mann ist ein echter Mordermittler

uwe behrens berlin mordkommissar tatort schauen Das ist Uwe Behrens. Er schaut gerade in der Kreuzberger Kneipe Yorckschlösschen den neuen Berliner Tatort „Gegen den Kopf“. Behrens schaut eigentlich keinen Tatort, früher mal, ja, als Schimanski noch im Ruhrpott ermittelte, das hat er gesehen. Aber heute lieber andere Serien. Und als er noch ein Kind war, gab es für ihn nur einen Pflichttermin: Aktenzeichen XY … ungelöst. „Das war wohl prägend“, sagt er. Denn Behrens ist Ermittler bei der fünften Berliner Mordkommission.

Er hat direkt nach dem Abitur bei der Polizei angefangen. Das war im Oktober 1987. Drei Jahre dauerte seine Ausbildung, er war in verschiedenen Bereichen eingesetzt, etwa in der Betrugs-Abteilung. „Da habe ich so spannende Sachen gemacht wie Konkurs-Verschleppung“, sagt er ironisch. „Das war gar nicht mein Ding“. Für Behrens gab es da viel zu wenig Ermittlungen draussen in der Stadt, zu wenig Vernehmungen. „Wir sind mit Kohorten von Steuerberatern gekommen, um Akten meterweise einzusammeln“. Nicht so spannend. Deswegen ab ins Mord-Dezernat. Seit 20 Jahren arbeitet er nun dort und es gab einen Fall, den er nicht vergessen kann.

Er war noch ganz neu bei der Kripo, da marschierte im Februar 1993 ein Mann in ein Autohaus am Tempelhofer Ufer, ging ins Büro, zog eine abgesägte Schrotflinte heraus und erschoss Doris Kirche, die seit 25 Jahren dort arbeitete. Kirche war eine unauffällige Mit-Fünfzigerin, sie arbeitete tadellos. Behrens und seine Kollegen wussten nicht, warum sie jemand hätte umbringen wollen. Sie suchten jahrelang nach Hinweisen. Behrens sagt: „Irgendwann war es mir fast egal, wer sie erschossen hat. Ich wollte nur noch wissen, warum diese Frau sterben musste.“ Fünf Jahre später kommt der entscheidende Hinweis. Die Täter werden verhaftet. Die Frau musste sterben, weil sie ihre große Wohnung in Wilmersdorf nicht aufgeben wollte. Der Immobilien-Makler Eberhard H. hatte den Mord in Auftrag gegeben. Würde in einer Tatort-Folge so ein Plot auftauchen, wir würden sagen: „Das ist ja Quatsch.“ Aber so banal kann das echte Morden sein. Und vielleicht eignet sich der Fall ja für einen Tatort über Gentrifizierung.

Den neuen Tatort findet Behrens übrigens „handwerklich gut gemacht“. Er findet sich und seine Polizeiarbeit darin wieder. Aber zum Tatort-Fan wird er nicht mehr. Er schaut lieber Dexter. Darin spielt ein Mordermittler die Hauptrolle, der tagsüber die Mörder fängt und nachts selbst Menschen tötet.

john dyke singer songwriter australia melbourne germany dyko berlin

John Dyke, ein australischer Sänger in Berlin

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Das ist John Dyke. Er wuchs in Melbourne, Australien, auf und lebt nun als Sänger in Berlin. Das wäre gar nicht so besonders in dieser Künstlermetropole, wenn er nicht absolut fehlerfrei auf Deutsch singen und in einem Reihenhäuschen mitten in Berlin-Friedrichshain wohnen würde, mit Frau und Kindern und Gartendusche (siehe Foto).

Deutsch hat sich John Dyke mit alten Sprachkassetten aus den 70er-Jahren selbst beigebracht. Wer diese Videos sieht, muss sich wundern, dass er danach Deutschland überhaupt noch Ernst nehmen konnte. Als er vor 20 Jahren hierher kam, ging er in eine Bar. Er sagt: „Ich fand es einfach geil, dass man hier ein Bier bestellt und ein Strich auf dem Bierdeckel gemacht wird. Die Leute haben einem vertraut. In England etwa wäre das unvorstellbar.“

John Dyke war fasziniert von Deutschland, von der Band Kraftwerk. Er hat beim Schlagzeugmacher Sonor in der sauerländischen Provinz gearbeitet. Und das mit dem Deutsch und der Alltagskultur macht er so gut, dass er inzwischen eine Art Sonderbotschafter des Goethe-Instituts geworden ist. Da tritt er dann in New York oder in Usbekistan auf und singt solche Lieder:

vorort

ich bin sauer auf die stadt
mein leben hab ich satt
kann wieder schreiben oder lesen
was für ein geiles wesen

ich lebe in einem heim
mein gefühl ist: ganz allein
ich lebe in meinem vorort
und nichts passiert dort

nichts passiert dort
nichts passiert dort
nichts passiert dort

vorort vorort vorort
ich bin gefangen in meinem vorort
ich bin gefangen in meinem vorort
nichts passiert dort
ich bin gefangen in meinem vorort

omi ist gestorben
das hat alles verdorben
ich werd‘ alles erben
dann wird ich hier sterben

ich schau immer gloze
auf die schönheit könnte ich kotzen
mach die glotze aus
geh aus dem vorort raus
geh aus dem vorort raus

vorort vorort vorort
ich bin gefangen in mein vorort
ich bin gefangen in mein vorort
nichts passiert dort
ich bin gefangen in mein vorort baby

ich fühl mich nicht wohl
ich fühl mich ganz klein
muß mich ausdrucken
dann fühle ich mich fein

ich bin gefangen
ich bin gefangen

vorort……..
vorort……..
merhaba nachbar jetzt bin ich dort

thomas w. bundeswehr active fence syrien türkei patriot 2013 april

Thomas W.

thomas w. bundeswehr active fence syrien türkei patriot 2013 april

Das ist Thomas W.  Er ist einer von 300 Bundeswehr-Soldaten, die zu der Nato-Mission „Active Fence“ in der Südtürkei gehören.  Dort sollen sie die Zivilbevölkerung gegen Raketenangriffe aus Syrien schützen, ihr eigentlicher Gegner ist aber ein anderer: die Langeweile.

Lest meine Reportage über die deutschen Truppen in der Türkei hier.

Azuz und der Fisch

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Azuz lachte einfach los als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte und im Rauch der kleinen, dunklen Hostellobby stand. Er warf den Namen irgendeines Schauspielers in den Raum, dem ich wohl ähnlich sehen soll, und da lachte auch die Polin neben ihm. Ich musste mitlachen. Ging nicht anders. Azuz ist so ein Mensch, den man auf Anhieb mag. Er hüpfte los zum Tresen der Rezeption.

Als er sah, wie ich „Germany“ auf den Zettel für die Ankunft schrieb, fragte er ganz non-chalant: „Wie geht es?“, und plauderte weiter. Er redete von Berlin und „Munscha“, meinte damit München. Er redete gut Deutsch. Nein, nein, in Deutschland war er nie gewesen. Das hat er sich selbst beigebracht. Als später ein Peruaner in die Lobby kam, sprach er Spanisch. Dann Italienisch, Englisch sowieso die ganze Zeit. Er telefonierte auf Arabisch. Ich wartete darauf, dass er gleich ein paar Witze auf Suaheli reißt. Witze, die er sich selbst ausgedacht hat.

Stattdessen erzählte er seine Geschichte: Vor 7 Monaten war er nach Amman, Jordanien, geflüchtet. 5 Jordanische Dinar, ungefähr 6 Euro, hatte er da in er Tasche. Er kommt aus Dar’a in Syrien, dem Ort, in dem der Aufstand gegen Baschar Assad mit ein paar Graffitis begann. Bei den ersten Demos war Azuz dabei. Das war ein großartiges Gefühl, sagt er. Wir waren stark, wir hatten keine Angst. Für die Kinder war es ein großes Abenteuer. Aber von Monat zu Monat wurde es schlimmer.

In Amman fragte er bei den Supermärkten und kleinen Läden nach Arbeit, fand welche und schließlich auch den Job mit dem Fisch bei einem Umweltschutzprojekt. Er kann dort forschen. Das mag er, so sehr, dass er ein Vorstellungsgespräch bei dem Flüchtlingshilfswerk der UN einfach verstreichen ließ.

Und das ist vielleicht ein gutes Zeichen. Denn zu Hause in Dar’a hatte Azuz Tiermedizin studiert. Das alte Leben von Zuhause geht noch weiter für ihn, wenigstens ein bisschen.

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Chicago

IDF soldiers block the way for Palstinian Olive farmers in the West Bank, October 2012 (4)

Auf der Oliventour war einer unter den Soldaten, der viel mir sofort auf, weil er aussah wie ein großer Junge mit Gewehr. Er wurde in Chicago geboren und ist eingewandert. Über seine Aufgabe im Westjordanland machte er sich keine Illusionen: „Ich beschütze die Siedler vor den Palästinensern und die Palästinenser vor den Siedlern.“

Hat Tip: Während ich herumschlich und Fotos machte und Distanz wahrte, hatte Vanessa einfach mal mit dem Soldaten geredet – und mir die Infos überlassen.  Danke!